Die Katzenkörpersprache: Was will der Stubentiger sagen?
04.01.2022

Auch wenn viele Katzenbesitzer darauf schwören, dass ihr Stubentiger aufs Wort versteht, was sie sagen – Menschen und Katzen sprechen verschiedene Sprachen. Aber Fremdsprachen kann man lernen: Wenn Sie Ihre Mieze aufmerksam beobachten, stellen Sie fest, dass sie über ein großes Repertoire an Mimik und Körpersignalen verfügt, die sie je nach Situation einsetzt. Dazu kommt eine Palette von Lautäußerungen. Miteinander kombiniert ergibt das ein sehr differenziertes Spektrum an Mitteilungen – einige subtil, andere wiederum unmissverständlich, wie lautes Fauchen bei gesträubtem Fell.
Was hat es mit der Körpersprache der Katzen auf sich?
Katzen gehören zu den eher stillen Tieren. Das leuchtet ein, wenn man ihre Lebensweise in der Natur betrachtet: Bei der Jagd ist Lautlosigkeit ein Vorteil. Zudem sind Katzen, anders als Schwarm- oder Herdentiere, nicht darauf angewiesen, mit Artgenossen über weitere Entfernungen Stimmkontakt zu halten. Verbale Äußerungen in der Katzenwelt beschränken sich daher in der Regel auf Kontaktrufe zwischen Mutter und Kitten, Droh- und Imponiergehabe mittels eindrucksvollen Fauchens und die berüchtigten Katzengesänge während der Paarungsrituale. Für den alltäglichen Umgang mit Artgenossen spielen Duftstoffe und die optische Kommunikation eine wesentlich stärkere Rolle. Durch Blickrichtung, Körperhaltung, die Stellung von Ohren, Schnurrhaaren und Schwanz geben Katzen einander zu verstehen, in welcher Stimmung sie sich befinden, ob sie zum Kämpfen bereit sind oder sich freundlich annähern wollen.
Von den Ohren bis zur Schwanzspitze: Katzenkörpersprache verstehen
Im Folgenden einige Beispiele für typische Emotionen, die eine Katze durch ihre Körpersprache ausdrückt:
Angriffslust: Der Schwanz wird waagerecht gehalten, ist gebauscht und schwingt gegebenenfalls langsam hin und her. Die Pupillen verengen sich, die Ohrmuscheln sind nach hinten gerichtet. Das Tier drückt den Rücken zum Buckel durch, das Rückenfell sträubt sich. Um der angespannten Stimmung Nachdruck zu verleihen, kommt manchmal noch ein eindringliches Knurren hinzu. Nun sollte weder Menschen noch Artgenossen der Katze zu nahe kommen: Sie kann förmlich explodieren und sich auf ihren „Gegner“ stürzen – wenn der nicht seinerseits ein ähnliches Verhalten zeigt, und einer der Kontrahenten es vorzieht, unter solchen Umständen einen Rückzieher zu machen. Interessant: Das gesträubte Fell lässt die Katze größer und imponierender wirken.
Angst: Bei der verängstigen Katze sträubt das Fell sich am ganzen Körper – auch hier soll eine größere Körpermasse zur Abschreckung vorgetäuscht werden. Den Schwanz klemmt das Tier hingegen zwischen die Hinterbeine und bewegt sich in geduckter Haltung, gegebenenfalls unter Fauchlauten, in Richtung eines möglichen Verstecks. Der Kopf ist nach unten geneigt, der Blick jedoch nach oben gerichtet.
Freude: Ist die Katze gut gelaunt, zeigt sie das durch eine vitale, munter und zielstrebig wirkende Körperhaltung: Der Schwanz wird hoch aufgerichtet getragen, das Fell liegt glatt an, der Kopf ist erhoben und die Ohren zeigen aufmerksam nach vorn.
Entspannung: Eine ausgeglichene Katze hält den Schwanz ruhig nach unten gebogen, liegt ausgestreckt oder mit eingeschlagenen Vorderpfoten. Die Schnurrhaare stehen seitlich ab, die Ohren zeigen nach vorn oder bewegen sich gelassen in Richtung von Geräuschquellen.
Einfordern von Streicheleinheiten: Als Aufforderung zum Schmusen dient das Entlangstreichen am Gegenüber mit halb geschlossenen Augen und seitlich ausgestellten Ohren. Dabei markiert die Katze mit den Duftdrüsen an ihren Wangen den Lieblingsmenschen oder befreundete Artgenossen.
Spiellaune: Der Schwanz ist fröhlich erhoben, eventuell bewegt sich die Schwanzspitze. Mit spielerischen Pfotenhieben, Kopfstupsern oder gar der Präsentation des Bauches verleiht der Tiger seiner Aufforderung zum Spiel Nachdruck.
Wichtige Informationen über den Gemütszustand der Katze vermitteln zudem einzelne Körperpartien. So deuten geweitete Pupillen auf Erregung hin. Auslöser kann eine Stresssituation oder der gefüllte Futternapf sein. Weit geöffnete Augen verraten Aufmerksamkeit, gesenkte Augenlider Entspannung. An der Ausrichtung der Ohren erkennen Sie Neugier (gespitzt nach vorn zeigend), Entspannung (leicht nach außen gerichtet), Nervosität (zuckende Ohrspitzen) oder Angst beziehungsweise Aggression (zurückgelegt). Ein besonderes Zeichen von Wohlbefinden ist das „Treteln“, bei dem die Katze abwechselnd mit beiden Pfoten gegen ihren Menschen drückt – ein Übertrag des Milchtritts, mit dem sie die Geborgenheit ihrer Kätzchenzeit beim Saugen an den Zitzen der Mutter verbindet. Das Schnurren hingegen müssen Sie immer im Zusammenhang mit der jeweiligen Situation sehen: Meist handelt es sich um einen Ausdruck des Wohlbefindens, manche Katzen schnurren aber auch bei Schmerzen.
Missverständnisse vermeiden
Stellen Sie sich vor, Sie sind mit einer freundlichen Katze und anderen Menschen im Raum. Alle sind Katzenfreunde, einer verspürt aber Unbehagen vor Katzen. Mit großer Wahrscheinlichkeit wird die Katze ausgerechnet diese Person besonders sympathisch finden. Warum? In diesem Fall liegt es am Blickkontakt: Katzen mögen es nicht, angestarrt zu werden, auch wenn der Mensch damit freundliches Interesse am tierischen Gegenüber zeigt. Unter Katzen gilt das Anstarren nämlich als Drohgebärde. Vermeidet man hingegen einen direkten Augenkontakt, entspannt das die Situation für das Tier. Mehr noch: Einen gesenkten Blick oder langsames Blinzeln nimmt die Katze als freundliche Geste wahr. Ein weiteres Missverständnis im Umgang mit Katzen ist das Fehldeuten des „Schwanzwedelns“: Eine Katze, deren Schwanz hin und her peitscht, ist angespannt, angriffslustig oder in einer Konfliktsituation. Sie ist keinesfalls freudig erregt.
Verständigung: Katzen, die mit Menschen sprechen
Im Laufe der Domestikation haben die Katzen gelernt, mit Menschen zu kommunizieren. Dies geschieht auf eine Weise, die eine Kulturtechnik der Haustiere zu sein scheint. So ist das typische Miauen und Maunzen einer ausgewachsenen Hauskatze kein natürliches Verhalten. „Miau“-Laute benutzen Katzen als Babys im Kontakt mit ihrer Mutter, nicht im Erwachsenenalter oder untereinander. Die Samtpfoten in menschlicher Gesellschaft haben gelernt, diese „Babysprache“ in verschiedenen Tonalitäten einzusetzen, um ihren Menschen ihre Wünsche mitzuteilen: sei es Futter, die Aufforderung zum Spielen oder das unmissverständliche Signal, die Türe zu öffnen.
Interview mit einer Expertin
Die ausgebildete Katzenpsychologin Bettina von Stockfleth erklärt im Interview das Verhalten von Katzen.
Kommunizieren Katzen mit Artgenossen anders als mit dem Menschen?
Katzen kommunizieren mit Artgenossen viel mehr über Geruch und Signale wie die Stellung von Körper, Ohren und Schnurrhaaren. Menschen brauchen aus Katzensicht eher Signale wie ein Anstupsen oder Miauen. Das eindringliche „Miau“ richtet die Hauskatze nur an den Menschen. Bei Wildkatzen miauen nur die Kitten, unsere Hauskatzen aber auch noch als erwachsene Tiere. Sie sehen in uns wohl eine Art Elternersatz.
Welche Kommunikationsmittel kann der Mensch einsetzen, um sich mit der Katze zu verständigen?
Der Mensch kann ruhig so kommunizieren, wie er es auch mit anderen Menschen täte, also über Worte, Körpersprache und Berührungen. Natürlich sollte er dabei nie laut und übergriffig werden – das verstehen Tiere nicht; es macht ihnen nur Angst.
Wie sollte man sich verhalten, wenn die Katze Angst zeigt?
Es hilft, Ruhe auszustrahlen, den Angstauslöser zu beseitigen und Rückzugsmöglichkeiten anzubieten sowie liebevoll zu trösten. Tief sitzende Ängste können therapeutisch behandelt werden. Auf keinen Fall darf man die Katze zwingen, sich ihrer Angst „zu stellen“. Diese Reizüberflutung würde alles noch schlimmer machen.
Welche verschiedenen Düfte können Katzen absondern und was teilen sie durch diese mit?
An Wangen und Kinn sitzen Drüsen, mit denen die Katze „positiv“ markiert. Mit den Duftdrüsen der Pfotenballen werden beim Kratzen Gerüche hinterlassen, die sagen: „Ich war hier!“ Der Harn liefert über aus dem Körper beigesetzte Hormone anderen Katzen Informationen über Geschlecht, Gesundheitszustand, ja sogar Stimmung der urinierenden Katze. In gewissem Umfang gilt das sicher auch für den Kot, dem über die Analdrüsen der Individualgeruch der Katze beigefügt wird. Wir wissen aber längst noch nicht alles über die Geruchskommunikation der Katze.