Der Welpe beißt: Zahnwechsel und Beißhemmung
17.12.2021

Es gibt kaum etwas Niedlicheres auf der Welt als Hundebabys. Einfach süß, wie sie balgen und den Menschen zum Spielen animieren. Man kann nicht widerstehen, mit der Meute herumzutollen – und ehe du dich versiehst, hat ein kleiner schwanzwedelnder Welpe deine Hand als Kauspielzeug entdeckt. Das muss nicht sein. Beim erwachsenen Hund ist Beißen alles andere als drollig. Beuge deswegen vor: Mit einigen Erziehungstipps bringst du den Kleinen bei, dass Beißen tabu ist.
Ein Blick ins Maul: Wie entwickelt sich das Welpengebiss?
Ein starkes Gebiss ist unverzichtbar für einen Hund. Aber es ist nicht sofort da:
Hundewelpen kommen nicht nur blind und taub, sondern auch zahnlos zur Welt. Zähne benötigen sie für das Nuckeln an den Zitzen des Muttertiers noch nicht. Aber in der dritten bis sechsten Lebenswoche ist es so weit: Die Milchzähne brechen durch. Mit jeweils zwei Fang-, sechs Backen- und sechs Schneidezähne in Ober- und Unterkiefer hat das Milchgebiss 28 Zähne. Auffällig an diesen ersten Zähnchen ist, dass sie deutlich spitzer sind als die eines erwachsenen Hundes. Erst zwischen dem vierten und siebten Lebensmonat findet der Zahnwechsel statt. Das fertig ausgebildete Gebiss hat erheblich mehr, nämlich 42 Zähne.
Der genaue Zeitpunkt und die Dauer des Zahnwechsels sind rasseabhängig, aber: In jedem Fall findet er im Welpenalter statt – also in einer Zeitspanne, in der für gewöhnlich bereits die Trennung von Mutter und Wurfgeschwistern vollzogen ist und der junge Hund in seinem neuen Zuhause lebt. Eine der wichtigen Lektionen ist, dem Vierbeiner jetzt beizubringen, was er mit den Zähnen bearbeiten darf und was nicht. Gar nicht so einfach, denn gerade im Zahnwechsel ist das Bedürfnis zum Beißen und Nagen besonders hoch.
Wie sieht es mit der Beißhemmung aus?
Normal entwickelte Hunde beißen nicht ohne Not oder triftigen Grund. Das regelt die sogenannte „Beißhemmung“, ein Verhalten, das dafür sorgt, dass Hunde sich beim Kampf untereinander nicht verletzen – und das natürlich auch ihre menschlichen Rudelmitglieder einschließen sollte.
Die Beißhemmung ist allerdings nicht angeboren. Junge Hunde erlernen dieses Verhalten in der Interaktion mit Elterntieren und Wurfgeschwistern, beginnend etwa ab der vierten Lebenswoche. Das ist auch einer der Gründe, warum eine zu frühe Trennung des Tieres vom Wurf zu Sozialisationsstörungen führen kann. Hat der Hund nicht gelernt, dass er weder im Spiel noch in Verärgerung zuschnappen darf, ist es wichtig, ihm dies konsequent beizubringen. Schnappen und Beißvorfälle bei der Hundehaltung resultieren häufig aus einer fehlentwickelten Beißhemmung oder unzureichender Erziehung.
Warum beißen Welpen beim Spielen?
Das Beißen im Spiel ist in der Entwicklung der Welpen ein ganz natürliches Verhalten. Sobald die Zähne sich melden, hat das Tier das Bedürfnis, sie auszuprobieren – beispielsweise, indem es eines der Geschwisterwelpen beißt. Er wird sich das Verhalten aber nicht gefallen lassen und zurückschnappen, was wiederum Schmerzen verursacht.
Bei diesen Junghund-Beißereien bildet sich die oben beschriebene Beißhemmung aus. Der Welpe lernt damit, dass nach einem Biss zurückgebissen wird – also etwas Unangenehmes folgt. Ganz am Anfang des spielerischen Beißens steht demzufolge die Sozialisation.
Wird der Welpe etwas älter kommt sein Zahnwechsel, ein weiterer Impuls dazu. Das Tier versucht die mit dem Zahnwechsel verbundenen Reize im Maul zu beeinflussen, indem es verstärkt nagt und knabbert – im Zweifelsfall auch an Zehen und Fingern. Weiterhin setzen Welpen bei der Interaktion mit ihren Menschen das Beißen situativ ein: Als übermütige Spielaufforderung, als Ausdruck von Frust, Aufregung oder beim Untersuchen unbekannter Gegenstände.
Wie kann ich dem Welpen das Beißen abgewöhnen?
Was beim Welpen noch niedlich wirkt, kann beim erwachsenen Hund dramatisch werden. Unterbinde daher sofort konsequent, wenn der Welpe zuschnappt.
Die folgenden Tipps helfen dir dabei, dem Welpen das Beißen abzugewöhnen:
- Kauspielzeug: Halte beim Umgang mit dem Hund immer ein „legales“ Objekt griffbereit, das der Hund zum Beißen und Knabbern benutzen darf.
- Konsequenz: Macht der Hund sich über verbotene Gegenstände oder gar über deine Finger oder Zehen her, reagiere streng. Entzieh dem kleinen Scharfzahn das Tabu-Objekt, zusammen mit einem entsprechenden Wortsignal („Nein!“ oder „Pfui!“), biete aber zugleich das Spielzeug an und lobe ihn, wenn er sich damit ablenken lässt.
- Clicker: Wenn du Erfahrungen mit dem Clickern hast, kannst du das Prinzip auch auf das Anti-Beiß-Training anwenden: Unterlassenes Beißen wird so mit dem Klickgeräusch positiv und punktgenau verstärkt.
- Spielpause: Wenn der Welpe sich bei spielerischen Beißattacken nicht ablenken lässt, steigst du aus dem Spiel aus. Kommandiere „Nein!“ und ignoriere das Tier einige Minuten oder schicke es aus dem Raum. So lernt der Kleine, dass zu grobes Verhalten den Spielgefährten vergrault.
- Alphatier: Noch effektiver funktioniert das, wenn du dich bei einem Biss kurzzeitig verhältst wie ein Hund. Knurre den Welpen an, „schnapp“ mimisch zu, greif kurz beherzt nach dem Frechdachs und ignoriere ihn dann. Das kommt der arttypischen Reaktion eines ranghöheren Hundes nahe und wird das Jungtier beeindrucken.
- Bedachtheit: Wenn du mit dem jungen Hund agierst, vermeide heftige Bewegungen. Das gilt auch beim Streicheln: Besser Massieren als Tätscheln. Der Hund kann im Reflex versuchen, nach hektischen Händen zu schnappen.
Lass dich nicht auf wilde Beißspiele mit dem Welpen ein und verkneif dir nach Möglichkeit undifferenzierte Lautäußerungen: Beides kann das unerfahrene Tier in seinem Spieltrieb anspornen.
Welche Spielzeuge eignen sich, wenn der Welpe beißt?
Geeignete Spielzeuge, die als „erlaubte“ Beißobjekte eingesetzt werden können, sind:
- Gummibälle
- Spieltaue
- Geeignete Kauhölzer
- Hunde-Stofftiere
Verzichte während des Zahnwechsels auf wilde Zerrspiele – das kann in ungünstigem Fall Zahnfehlstellungen fördern. Beißspielzeuge wählst du ohne Quieker: Das Beißen „belohnende“ Geräusch kann auf den Hund anspornend und damit kontraproduktiv wirken.